Effiziente Serienfertigung ist im Leichtbau mit carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) der Schlüssel zur weiteren Etablierung dieser Werkstoffklasse in immer mehr Anwendungen und Industrien. Dem Verfahren des sogenannten Fiber Placements – dem automatisierten, belastungsgerechten und materialeffizienten Legen und Schneiden von Fasern – kommt dabei eine große Bedeutung zu, da sich diese Art der Verarbeitung besonders für die industrialisierte Fertigung eignet. Um die Technologie branchenübergreifend verstärkt in Großserien-anwendungen zu bringen und die entsprechenden Konzepte hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Ressourceneffizienz weiter zu optimieren, haben die SGL Carbon und das Fraunhofer IGCV Anfang dieses Jahres ein gemeinsames Fiber Placement Center (FPC) gegründet. Hauptsitz des Zentrums ist der SGL-Standort in Meitingen bei Augsburg. Als weitere Partner konnten die Anlagenhersteller Compositence GmbH und BA Composites GmbH sowie der Lehrstuhl für Carbon Composites der Technischen Universität München gewonnen werden. Zusätzlich planen auch die weiteren Anlagenexperten Coriolis Group SAS und Cevotec GmbH, als Partner einzusteigen.
Nach der erstmaligen Vorstellung des FPC auf der Branchenmesse JEC World in Paris im März dieses Jahres wurde heute die Eröffnung vor Ort gefeiert. Anwesend waren rund 150 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Unter anderem besuchten Franz Josef Pschierer (Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie), Eva Weber (Zweite Bürgermeisterin der Stadt Augsburg), Dr. Michael Higl (Bürgermeister der Marktgemeinde Meitingen) und Johann Häusler (Mitglied des Bayerischen Landtags sowie Handwerks- und mittelstandspolitischer Sprecher und Mitglied im Wirtschaftsausschuss) die Veranstaltung. Martin Sailer (Landrat des Landkreises Augsburg) war per Videobotschaft zugeschaltet.
Das FPC bietet seinen Kunden auf einer Fläche von über 500 Quadratmetern mit unterschiedlichen High-Tech-Anlagen die Möglichkeit, neue Fertigungskonzepte zu entwickeln und in einer Prototypenfertigung zu demonstrieren. Darüber hinaus kann auch eine Produktion von faserverstärkten Bauteilen für die Großserie durch die SGL Carbon umgesetzt werden. Verarbeitet werden trockene wie auch vorimprägnierte Faserhalbzeuge mit verschiedenen Kunststoffharzen, sogenannten duroplastischen oder auch thermoplastischen Matrixsystemen.
Bereits heute laufen im FPC die Vorbereitungen für die Umsetzung von konkreten Projekten und Demonstrationsbauteilen für Sekundär und Primärstrukturbauteile für Flugzeug- und verschiedene Automobilhersteller weltweit. Eng verzahnt ist die Arbeit des Zentrums dabei auch mit dem Lightweight and Application Center (LAC) der SGL Carbon, das auf nochmals rund 1.500 Quadratmetern ebenfalls am Standort Meitingen beheimatet ist und an dem das Unternehmen gemeinsam mit ihren Kunden an weiteren innovativen Leichtbaustrukturen, -prozessen und Prototypen arbeitet.
Das Team des FPC setzt sich aus mehreren Ingenieuren, Doktoranden und Technikern zusammen, sodass alle relevanten Kerndisziplinen entlang der Composite-Fertigungsprozesskette abgedeckt werden können. Durch die Kooperation mit der Technischen Universität München und dem Fraunhofer IGCV wird dieses Team ebenfalls durch Mitarbeit von Studierenden im Rahmen von Abschlussarbeiten begleitet, sodass auch die bestmöglichen Randbedingungen zur Nachwuchsförderung geschaffen werden.
Zitate zur Eröffnung:
Begrüßt wurden die Gäste der FPC-Eröffnungsfeier durch Dr. Jürgen Köhler (Vorstandsvorsitzender der SGL Carbon), Andreas Wüllner (Leiter des Geschäftsbereichs Composites – Fibers & Materials bei der SGL Carbon) und Prof. Dr.-Ing. Klaus Drechsler (Leiter des Fraunhofer IGCV und Leiter des Lehrstuhls für Carbon Composites der TU München). In ihren Ansprachen unterstrichen die drei Gastgeber die Bedeutung der neuen Technologie.
„Für uns als SGL Carbon ist die Serienfertigung von Leichtbauteilen aus Verbundwerkstoffen essentieller Teil unserer Unternehmens- und Wachstumsstrategie. Wir wollen Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen in allen wesentlichen Industrien zum Standard werden lassen. Eine bedeutende Stellschraube sind die verschiedenen Fertigungsverfahren, mit Fiber Placement als einer von mehreren besonders zukunftsweisenden Routen. Mit dem neuen Zentrum bieten wir diese aus der Luftfahrt kommende Technologie nun auf einem industriereifen Niveau auch anderen Branchen an“, so Dr. Jürgen Köhler.
„Durch das FPC verfügen wir auch im Fiber Placement-Bereich über ein umfangreiches gebündeltes Wissen und einen mittlerweile wirklich beeindruckenden Anlagenpark. Für viele unserer Kunden ist Fiber Placement eine interessante Alternative oder gute Ergänzung zu bereits bestehenden Verfahren auf dem Weg zur Serienfertigung von Bauteilen aus faserverstärktem Kunststoff“, erklärt Andreas Wüllner.
„Am Fiber Placement Center zeigt sich sehr gut der Anspruch der Fraunhofer-Gesellschaft, mit anwendungsorientierter Forschung den Transfer zwischen Wissenschaft und Industrie konkret zu unterstützen und die Industrialisierung von faserverstärkten Kunststoffen zu fördern. Neben unserer täglichen Mitarbeit im Zentrum versuchen wir den Transfer weiter zu stärken. Dies geschieht beispielsweise durch Doktorarbeiten im Fiber Placement Center und durch das Koppeln der Forschungsarbeiten an geförderte Projekte, wie zum Beispiel die von der Bundesregierung im Rahmen der Spitzencluster-Inititative unterstützten MAI Carbon und Campus Carbon 4.0 Projekte“, ergänzt Prof. Dr. Klaus Drechsler.