Alles ist vorbereitet: Das OP-Besteck liegt sterilisiert bereit, der Patient narkotisiert auf dem OP-Tisch. Über ihm breiten sich zwei Arme aus, die den Eingriff vornehmen werden. Doch die Arme stammen nicht von einem Menschen. Es sind zwei metallene Robotergreifarme, die den Patienten gesteuert von Ärzten mit millimetergenauer Präzision operieren werden. So oder ähnlich spielt es sich täglich in dafür spezialisierten Krankenhäusern auf der ganzen Welt ab.
Damit der OP-Roboter sieht, was er operiert, wird der Patient während der Operation mehrfach geröntgt. „Und genau an dem Punkt kommen wir mit unseren Verbundwerkstoffen ins Spiel“, sagt Jürgen Klinger von der SGL Carbon. Denn Produkte aus dem Verbund von Carbonfasern und Kunststoffen sind für Röntgenstrahlen extrem durchlässig und außerdem sehr leicht.
Durch die hohe Röntgentransparenz benötigt man nur eine sehr geringe Strahlendosis, was gut für die Patienten ist. Außerdem werfen die Verbundwerkstoffe kaum Schatten auf Röntgenbilder, die sonst immer wieder zu Fehldiagnosen führen würden.
Jürgen Klinger, Technical Sales Manager, Business Unit Composites - Fibers & Materials bei der SGL Carbon
Neben OP-Tischen produziert die SGL Carbon in Meitingen auch Zubehör, das sich an Röntgengeräte anbringen lässt – zum Beispiel Kopfhalterungen und sogenannte Ansteckboards, die einen OP-Tisch verlängern. Dabei punktet das Unternehmen durch seine Kompetenz über die gesamte Wertschöpfungskette.
Für die Kunden der SGL Carbon zahlt sich diese Erfahrung aus. „Unsere Kunden haben oft sehr genaue Vorstellungen und detaillierte Anforderungen an ihre Bauteile“, berichtet Klinger. Die individuellen Herausforderungen gehen Klinger und seine Kollegen gemeinsam mit den Kunden im hauseigenen Lightweight and Application Center (LAC) an. „Früher haben wir unsere Kunden hauptsächlich in der Materialauswahl beraten“, sagt Klinger. „Heute bieten wir dagegen vom Engineering über die richtige Materialkombination bis hin zur Produktion alles aus einer Hand an.“
So lief es auch bei der Kooperation für Maquet-OP-Tische mit dem in Baden-Württemberg produzierenden Medizintechnikhersteller Getinge. „Wir haben von Anfang an eng an dem optimalen Design für das Bauteil gefeilt“, erinnert sich Klinger. Eine Zusammenarbeit, die sich für beide Partner und nicht zuletzt auch für die Patienten auszahlt.
Intraoperatives Röntgen kann nicht nur das Ergebnis für den Patienten verbessern, sondern erlaubt auch komplexe Interventionen. Unser OP-Tisch mit Carbonfaserplatte bietet eine nahezu uneingeschränkte Strahlendurchlässigkeit für kardiovaskuläre, orthopädische und traumatologische Eingriffe.
Bernhard Kulik, Senior-Produktmanager OP-Tisch-Systeme bei Getinge
Neben röntgentransparenten Produkten für den OP-Saal bieten sich faserverstärkte Verbundwerkstoffe aufgrund ihrer extremen Stabilität bei gleichzeitig geringem Gewicht auch für Prothesen und Orthesen an. Während solche Bauteile lange Zeit vor allem in kleinen Manufakturen individuell gefertigt wurden, eröffnet der 3D-Druck auch größeren Industrieunternehmen wie der SGL Carbon neue Geschäftschancen.
Am Forschungsstandort Meitingen arbeiten Kollegen aus dem Verbundwerkstoffbereich und der Central Innovation bereits an der Vorbereitung eines hauseigenen Start-ups zu diesem Thema.
Neben Prothesen und Röntgenanwendungen werden zudem Transportliegen immer häufiger aus Verbundwerkstoffen mit Carbonfasern hergestellt. Auch hier zahlen sich die Materialeigenschaften der Verbundwerkstoffe aus. „Die Zeitersparnis, die wir durch die Gewichtsreduktion erreicht haben, kann lebensrettend sein, sagt Klinger.