Riesen der Zukunft

25.10.2018

Kleiner ist besser. So zumindest lautet die Maxime bei Batterien, die uns im alltäglichen Leben helfen: Smartphone-Akkus beispielsweise, Laptopbatterien, oder – wenn man etwas größer werden möchte – die Batterien für Elektroautos. Die Menschen sind auf Energiespeicher angewiesen – und deshalb entwickeln sich diese immer weiter. Manche werden auch sehr viel größer.

Aktuell mangelt es noch an großen, stationären Energiespeichern, die flexibel an jedem Ort installierbar und beliebig entsprechend des jeweiligen Bedarfs skalierbar sind. Dies kann die Wasserkraft als derzeitige Standardtechnologie für stationäre Speicherung nicht leisten. Doch flexible Speicher werden gebraucht: Sowohl zur Abdeckung von Bedarfsspitzen als auch zur Netzstabilisierung, vor allem aber aufgrund der stetigen Zunahme von erneuerbaren Energien.

Studien wie die von Navigant Research im Auftrag der Weltbank zeigen: In den Industrieländern wird der Einsatz von großen stationären Energiespeicherlösungen entscheidend für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Report prognostiziert bis 2025 zudem eine vierzigfache Erhöhung der stationären Energiespeicherkapazität in Entwicklungsländern. Bereits bis 2020 werden Entwicklungsländer ihre Elektrizitätsleistung verdoppeln müssen, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, heißt es. Als größte Energiespeichermärkte im kommenden Jahrzehnt werden großflächige und bevölkerungsreiche Länder wie China und Indien genannt, außerdem Lateinamerika und Südafrika.

Die Hoffnung auf die Weiterentwicklung und breite Nutzbarmachung stationärer Energiespeicher kommt nicht von ungefähr. Im Vergleich zu fossilen Energieträgern oder zur Kernenergie haben die Energieträger Sonne und Wind einen gravierenden Nachteil: Sie liefern nur bei Sonne beziehungsweise Wind elektrische Energie, nicht unbedingt zu Zeiten, an denen der Bedarf am größten ist. Die Lösung der Zukunft sind Energiespeicher, die jederzeit Strom liefern können.

Batterie mit ungeahnten Ausmaßen

In der Nähe von Karlsruhe steht ein solcher Energiespeicher. Er beansprucht den Platz einer mittleren Turnhalle. Und er speichert genug Energie, um damit eine Gemeinde mit 4.000 Einwohnern für einen Tag mit Elektrizität zu versorgen. Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) hat diese Batterie, basierend auf der sogenannten Redox-Flow-Technik, unter dem Projektnamen RedoxWind im vergangenen Jahr in Pfinztal bei Karlsruhe in Betrieb genommen. Im Rahmen des von Bund, Land und dem Fraunhofer-Institut mit 19 Millionen Euro geförderten Projekts liefert eine Zwei-Megawatt-Windenergieanlage elektrische Energie, die in der Batterie zwischengespeichert werden kann. Die Speicherkapazität der Batterie wird bei insgesamt 20 Megawattstunden liegen. So kann also theoretisch bis zu zehn Stunden lang die volle Leistung der Windkraftanlage gespeichert werden.

Technisch besteht eine Redox-Flow-Batterie aus elektrochemischen Zellen, den sogenannten Stacks, in denen die Energieumwandlung stattfindet und deren Dimension die Leistung der Anlage bestimmt, sowie aus den Elektrolytspeichertanks, in denen die Energie aufgenommen wird und deren Volumen somit die Energiespeicherkapazität definiert. Folglich lassen sich Leistung und Kapazität beliebig und unabhängig voneinander an die jeweiligen Anforderungen anpassen – ein Vorteil, den keine andere Energiespeichertechnologie bietet. Die Speichertanks, die die Elektrolyt-Lösung enthalten, können zudem beliebig groß gebaut werden. In Pfinztal steht eine ganze Reihe von Tanks mit je 45.000 Litern Fassungsvermögen.

Zentrale Komponenten aus Kohlenstoff

Die Stacks selbst sind aus mehreren galvanischen Zellen aufgebaut. Jede dieser Zellen besteht wiederum aus zwei Halbzellen, die durch eine ionenleitende Membran getrennt sind. Durch die Halbzellen werden schließlich die Elektrolyt-Flüssigkeiten gepumpt, die verschiedene Metallionen enthalten.

Alle stromführenden Teile der Zellen bestehen aus Kohlenstoff. Um eine möglichst große Reaktionsoberfläche für die elektrochemischen Reaktionen zu haben, werden darüber hinaus in den Zellen als Elektrodenmaterial elektrisch leitfähige Kohlenstofffilze verwendet

Dr. Peter Fischer, Fraunhofer-Institut Pfinztal

Die Kohlenstofffilze dürfen neben der großen Oberfläche zudem keinen zu großen Widerstand bieten. Daher werden sie zusätzlich durch eine spezielle Technologie aktiviert.

Um die Zellen der Batterie zu optimieren, vertrauen die Wissenschaftler des Projekts unter anderem auf die Expertise der SGL Carbon, die bislang schon 3.500 Quadratmeter Kohlenstofffilze vom Typ SIGRACELL für die Redox-Flow-Batterie an das ICT geliefert hat – eine Fläche halb so groß wie ein Fußballplatz. Dazu kommen 1.750 Quadratmeter Bipolarplatten.

Aber nicht nur als Mittel zum Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energiequellen sind Redox-Flow-Batterien als große stationäre Speicher denkbar. Der Verbund von Windenergieanlage und Batterie ist auch eine Chance, eine autarke Stromversorgung zu realisieren. Zum Beispiel bei der Elektrifizierung in weit entlegenen und elektrisch schlecht erschlossenen Gebieten anhand von Insellösungen oder zur temporären Bereitstellung von Energie für Großbaustellen oder zur Versorgung von Krisenregionen nach Naturkatastrophen.

Sicher ist jedenfalls, dass der Bedarf an zwischengespeicherter Energie in den meisten Ländern der Welt zunehmen wird. So kommt es zukünftig neben einer progressiven und flexiblen Technologie dann auch auf die Größe an.

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